Trigonometrie

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Was ist Trigonometrie?

Die Trigonometrie beschreibt die Beziehung zwischen Strecken und Winkeln bei Dreiecken. Hierbei wird zwischen der ebenen Trigonometrie und der sphärischen Trigonometrie unterschieden, letztere ist nur der Vollständigkeit halber erwähnt und wird an dieser Stelle nicht weiter vertieft.

Bei der ebenen Trigonometrie werden die Dreiecke in einer Ebene aufgespannt, die Seiten werden dabei durch Geraden gebildet. Die Ebene kann aber frei im Raum liegen. Hier gilt der 2. Pythagoreische Satz:

Die Summe aller Innenwinkel eines Dreiecks beträgt 180°.

Bei der sphärischen Trigonometrie werden die Dreiecke auf einer Kugeloberfläche aufgespannt, die Seiten werden dabei durch Kreisbögen gebildet. Hier gilt:

Die Summe aller Innenwinkel eines Dreiecks ist größer als 180°.


Winkel

Die Argumente der Winkelfunktionen sind ebene Winkel. Ebene Winkel sind über das Verhältnis zweier Längen definiert. Alle Winkelfunktionen sind übrigens ebenfalls über Längenverhältnisse definiert. Der ebene Winkel hat die SI-Einheit Radiant (rad) und ergibt sich aus dem Verhältnis der Bogenlänge s eines Kreisbogens mit Radius r zum Radius r. Deswegen spricht man auch von einem Winkel im Bogenmaß, wenn man ihn in Radiant angibt. Die SI-Einheit nennt sich jedoch Radiant und nicht "Bogenmaß".

Ebener Winkel: $\alpha = \dfrac s r$ mit der Kreisbogenlänge s und dem Kreisradius r und [α] = rad.
Beispiel: Welchen Winkel in Radiant hat ein Vollkreis?
Ein Vollkreis hat den Gesamtumfang U = 2π·r und die Bogenlänge ist s = U. Daraus ergibt sich für den Winkel des Vollkreises $\alpha=\dfrac U r=\dfrac {2\pi r} r=2\pi \text{ rad}$.

Welche Winkel werden eingeschlossen, a) von einem Viertelkreis, b) von einem Achtelkreis, c) wenn man drei Mal im Kreis läuft?

a) $\alpha= \frac{1/4 \times 2\pi r}{r} = \frac{2\pi}{4} \text{ rad}=\frac{\pi}{2}\text{ rad}$, b) $\alpha= \frac{2\pi}{8} \text{ rad}=\frac{\pi}{4}\text{ rad}$, c) α = 3 × 2 π rad = 6π rad.

Die Winkelfunktionen erwarten den Winkel im in Radiant, daher sind alle Winkelangaben, sofern nicht anders bezeichnet, in Radiant. Bei einem Taschenrechner kann man einstellen, ob Winkel in Radiant oder Grad eingegeben werden. Compterprogramme wie z. B. Mathematica, MatLab, Excel oder Open Office erwarten Winkel grundsätzlich in Radiant.

Verständnisfrage 1: Ein Verirrter in der Wüste läuft im Kreis auf einem Bogen mit dem Radius r = 10,0 km. Nachdem er 3,6 km auf diesem Bogen gegangen ist, erreicht er eine rettende Oase. Um welchen Winkel α war er beim Erreichen der Oase von seiner ursprünglichen Startrichtung abgewichen?
Winkel1.jpg
Sein Bogen umfasste den Winkel α = 3,6 km/(10 km) = 0,36 rad. Das entspricht α = 21°. Dies ist auch der Winkel, um den er am Ende von der Startrichtung abgewichen war, denn seine Laufrichtung war je stets senkrecht zu r.

Umrechnung Grad-/Radiant

Vom Geometrie-Unterricht her sind wir die Einheit Grad gewohnt, ein Vollkreis hat 360°. Die Einheit Grad macht das Verständnis der Winkelfunktionen und des Winkelarguments schwieriger. In der Physik hat der Vollkreis den Winkel 2π rad und es wird überwiegend Radiant verwendet.

Die Umrechnung der Einheiten ist einfach: $ \frac{360°}{2\pi \text{ rad} } = \frac{180°}{\pi\text{ rad} } =1\ \Rightarrow\ \underset{[\alpha]=\text{ Grad} }{\alpha_{deg}} = \frac{180°}{\pi\text{ rad} } \cdot\underset{[\alpha]=\text{ rad} }{\alpha_{rad}}\ \Rightarrow\ \alpha_{rad} = \frac{\pi\text{ rad} }{180°}\cdot\alpha_{deg}.$

Die Winkelfunktionen (Kreisfunktionen)

Animation: Verändere den Winkel α mit Hilfe des Schiebereglers!
Abb.1 Die Graphen der Winkelfunktionen

Die wichtigsten Winkelfunktionen sind Sinus, Kosiunus und Tangens. Ihre Verlauf ist in Abb.1 gezeigt. Die Verläufe und die Bedeutungen dieser Funktionen lassen sich am einfachsten am Einheitskreis verstehen.

Wenn man auf dem Einheitskreis einen Punkt P = (x|y) herumwandern lässt, dann kann man dem Punkt ein rechtwinkeliges Dreieck zuordnen. Dessen Hypotenuse ist die Strecke r vom Kreismittelpunkt bis P mit der Länge r = 1. Sie hat den Winkel α zur x-Achse. Seine Ankathete liegt auf der x-Achse und ist die Strecke vom Kreismittelpunkt bis zum Punkt P = (x|0). Ihre Länge ist x. Seine Gegenkathete ist das Lot von P auf die x-Achsse, bzw. die Strecke von P = (x|0) bis P = (x|y). Seine Länge ist y. Die Animation zeigt die Hypothenuse (r = 1) schwarz, die Ankathete rot und die Gegenkathete grün. Die Animation zeigt außerdem noch die Tangente an den Einheitskreis um Punkt P = (0,r) sowie den Schnittpunkt C der Geraden entlang r mit dieser Tangente.

Diese Strecken und sind deshalb wichtig, weil die Winkelfunktionen über die Längenverhältnisse dieser Strecken definiert sind.

Die Kosinus-Funktion

Die Kosinus-Funktion gibt das Längenverhältnis von Ankathete (Länge x) zu Hypothenuse (Länge r = 1) als Funktion des Winkels α an:

Kosinus: $\cos(\alpha) =\frac{\text{Ankathete}}{\text{Hypotenuse}}= \frac{x}{r}\qquad\underset{r=1}{\Rightarrow}\qquad x = \cos(\alpha)$
Eselsbrücke für den Kosinus: "Komplette Strecke, wenn α = 0".

Die Sinus-Funktion

Die Sinus-Funktion gibt das Längenverhältnis von Gegenkathete (Länge y) zu Hypothenuse (Länge r = 1) als Funktion des Winkels α an:

Sinus: $\sin(\alpha) =\frac{\text{Gegenkathete}}{\text{Hypotenuse}}= \frac{y}{r}\qquad \underset{r=1}{\Rightarrow}\qquad y = \sin(\alpha)$

Eselsbrücke für den Sinus: "Strecke ist null, wenn α = 0".

Die Tangens-Funktion

Die Tangens-Funktion gibt das Längenverhältnis von Gegenkathete (Länge y) zu Ankathete (Länge x) als Funktion des Winkels α an. Dieses Verhältnis ist gleichzeitig das Verhältnis des Tangentenabschnittes t zum Radius r. Der Tangenabschnitt t reicht vom Berührungspunkt bis zum Schnittpunk C der Verlängerung von r mit der Tangente.

Tangens: $\tan(\alpha) =\frac{\text{Gegenkathete}}{\text{Ankathete}}= \frac{y}{x}= \frac{t}{r}\qquad \underset{r=1}{\Rightarrow}\qquad t = \tan(\alpha)$

Eselsbrücke für den Tangens:" Tngentenabschnitt ist null, wenn α = 0".

Für x → 0 wächst tan(α) über alle Grenzen, bei x = 0 hat die Tangens-Funktion eine Sprungstelle.

Abb.2
Beispiel: Abb.2 zeigt ein rechtwinkeliges Dreieck. Der rechte Winkel ist rot markiert. Bestimme für alle Seiten, wie ihre Längen über die Winkelfunktionen des gegebenen Winkels α zusammenhängen.

Die Hypotenuse liegt dem rechten Winkel gegenüber und ist hier die türkise Seite a. Die Ankathete ist die blaue Seite c und die Gegenkathete ist die pinke Seite b. Das bedeutet:

  • cos(α) = c/a bzw. c = a·cos(α)
  • sin(α) = b/a bzw. b = a·sin(α)
  • tan(α) = b/c bzw. b = c·tan(α)
Abb.F2
Verständnisfrage 2a: Wie bestimmt man in Abb.F2,1 die Länge der Seite c aus der Länge von Seite a und α?
Die Seite a ist die Ankathete. Die Seite c ist die Hypotenuse. Darum ist cos(α) = a/c bzw. c = a/cos(α).
Verständnisfrage 2b: Wie bestimmt man in Abb.F2,2 die Länge der Seite c aus der Länge von Seite a und α?
Die Seite a ist die Hypotenuse, die Seite c ist die Ankathete. Darum ist cos(α) = c/a bzw. a = c·cos(α).
Verständnisfrage 2c: Wie bestimmt man in Abb.F2,3 die Länge der Seite c aus der Länge von Seite b und α?
Die Seite b ist die Hypotenuse, die Seite c ist die Gegenkathete. Darum ist sin(α) = c/b bzw. c = b·sin(α).
Verständnisfrage 2d: Wie bestimmt man in Abb.F2,4 die Länge der Seite c aus der Länge von Seite a und α?
Die Seite a ist die Ankathete, die Seite c ist die Gegenkathete. Darum ist tan(α) = c/a bzw. c = a·tan(α).


Umkehrfunktionen

Wenn man aus einer Gleichung wie $y=\sin(\alpha)$ den Winkel α herausbekommen will, dann benötigt man die Umkehrfunktionen der Winkelfunktionen. Für die Umkehrfunktionen wird dem Funktionsnamen ein "Arkus" vorangestellt. Beispielsweise ist die Umkehrfunktion des Sinus der Arkussinus.

Periodizität und gleiche Werte der Winkelfunktionen

Alle Winkelfunktionen sind periodisch mit der Periode 2π. Das bedeutet, für sie alle gilt $f(\alpha)=f(\alpha\pm 2 \pi)$. Hinzu kommt, dass es allein im Intervall von 0 bis 2π in der Regel bereits zwei Winkel gibt, die den gleichen Funktionswert liefern. Das lässt sich einfach verstehen: Liegt der Punkt P1 = (x|y) auf dem Einheitskreis, dann liegen auch die Punkte P2 = (−x|y), P3 = (−x|−y) und P4 = (x|−y) auf dem Einheitskreis. Zu jedem Punkt gehört ein anderes Dreieck, eine andere Bogenlänge und ein anderer Winkel. Die Winkel seien α1, α2, α3 und α4. Der Index gibt an, in welchem Quadranten[1] des Koordinatensystems sie liegen. Für sie gilt: α2 = π − α1, α3 = π + α1, α4 = 2π − α1 oder α4 = − α1. Punkt P1 und P4 haben das gleiche x und folglich den gleichen Kosinus. Das ergibt cos(α1) = cos(α4), bzw. allgemeiner ausgedrückt cos(α) = cos(2π−α)=cos(−α). Solche Betrachtungen kann man für alle Winkelfunktionen durchführen und erhält folgende Identitäten:

Identitäten
 $\quad\cos(\alpha) = \cos(−\alpha)$ $ $   $\cos(2\pi−\alpha) = \cos(\alpha)$
 $\quad\sin(\alpha) =− \sin(−\alpha)$ $ $   $\sin(\pi − \alpha) = \sin(\alpha)$
 $-\tan(\alpha)=\tan(−\alpha)$ $ $   $\tan(\pi + \alpha) = \tan(\alpha)$
Tab.1

Arkuskosinus, Arkussinus und Arkustangens

Abb.3 Arkusfunktionen

Wenn mehrere Argumente einer Funktion den gleichen Funktionswert liefern, dann kann ihre Umkehrfunktion nicht eindeutig sein. Daher sind auch die Umkehrungen der Winkelfunktionen nicht eindeutig! Um die Umkehrung dennoch eindeutig als Funktion definieren zu können, werden sie auf bestimmte Wertebereiche eingeschränkt (siehe Tab.1 und Abb.3).

Bei jeder Winkelberechnung muss man sich vor Augen halten, dass der Rückgabewert der Umkehrfunktion nicht der einzig mögliche, sondern einer von mehreren möglichen Werten des Winkels ist! Der Winkel kann nur eindeutig fetsgelegt werden, wenn bekannt ist, in welchem Quadranten er liegen muss.

Die Umkehrfunktionen von Kosinus und Sinus haben zudem auch den begrenzten Definitionsbereich −1 ≤ x ≤1, denn Kosinus und Sinus liefern nur Funktionswerte von −1 bis 1. Nur der Arkustangens ist für beliebige reelle Argumente definiert.

Umkehrfunktion allgemein Einheitskreis r = 1 Definitionsbereich Wertebereich
Arkuskosinus  $\alpha =\arccos\left(\frac{\text{Ankathete}}{\text{Hypotenuse}}\right)= \arcsin\left(\frac{x}{r}\right)$    $\alpha = \arccos(x)$ −1 ≤ x ≤1 0 ≤ α ≤ π
Arkussinus  $\alpha =\arcsin\left(\frac{\text{Gegenkathete}}{\text{Hypotenuse}}\right)= \arcsin\left(\frac{y}{r}\right)$    $\alpha = \arcsin(y)$ −1 ≤ y ≤1 −π/2 ≤ α ≤ π/2
Arkustangens  $\alpha =\arctan\left(\frac{\text{Gegenkathete}}{\text{Ankathete}}\right)= \arctan\left(\frac{y}{x}\right)=\arctan\left(\frac{t}{r}\right)$    $\alpha = \arctan(t)$ −∞ ≤ t ≤ ∞ −π/2 ≤ α ≤ π/2
Tab.2
Beispiel: In einer physikalischen Aufgabe gilt für die Komponenten eines Geschwindigkeitsvekors $v_x = - 1,0 \text{ m/s}$ und $v_y = 2,0 \text{ m/s}$. Bestimme den Azimutalwinkel α des Vektors zur x-Achse mit Hilfe des Zusammenhangs $\tan(\alpha)=\frac {v_y}{v_x}$!
Die Rechnung ergibt mit $\frac{v_y}{v_x}=\frac{2,0 \text{ m/s}}{- 1,0 \text{ m/s}}=-2,0$ den Zahlenwert $\alpha'=\arctan(-2,0)=-1,107\text{ rad}$. Die Vorzeichen von $v_x$ und $v_y$ zeigen, dass der Vektor im zweiten Quadranten liegen muss, d.h. zwischen π/2 und π. Daher ist der Winkel $\alpha=\pi+\alpha'=(\pi+(-1,107))\text{ rad}=2,034\text{ rad}$.
Verständnisfrage 3a: Welcher Funktionswert des Kosinus tritt nur einmal auf, wenn sein Argument im Intervall [0,2π] liegt?
Der Wert −1 für α = π.
Verständnisfrage 3b: Welcher Funktionswert des Sinus tritt am häufigsten auf, wenn sein Argument im Intervall [0,2π] liegt?
Der Wert 0 tritt dreimal auf, denn es ist sin(0) = sin(π) = sin(2π) = 0.
Verständnisfrage 3c: In einem Koordinatensystem mit den Achsen x und y verbindet die Strecke r die Punkte (0|0) und (−1|−1). Unter welchem Winkel α liegt r zur x--Achse?
Es ist x= −1 und y = −1. Die Vorzeichen zeigen, dass der Winkel im dritten Quadranten liegen muss, d.h. zwischen π und 3/2π. Der Quotient y/x = 1 führt auf arctan(1) = π/4. Der Winkel ist α = π + π/4 = 5/4π.


Zusammenhänge zwischen den Winkelfunktionen

Gar nicht mal so selten ist bei mathematischen Problemen, in denen Winkelfunktionen auftauchen, auf den ersten Blick überhaupt kein Winkel zu erkennen. Vielmehr tritt dann ein mehr oder minder komplexer Ausdruck an die Stelle des doch recht anschaulichen Winkelarguments. Nennen wir diesen Ausdruck beliebiger Komplexität einfach "θ" (sprich: Theta).

Bei der Umformung von Gleichungen ist es stellenweise notwendig, z.B. einen Term sin(θ) in einen Term mit cos(θ) umzuwandeln. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Beziehungen zwischen den Winkelfunktionen:
Phasenverschiebungen:
$\cos(\theta)=\sin(\frac{\pi}2-\theta)=\sin(\frac{\pi}2+\theta)$
$\sin(\theta)=\cos(\frac{\pi}2-\theta)=-\cos(\frac{\pi}2+\theta)$

Trigonometrischer Pythagoras: $\sin^2(\theta)+\cos^2(\theta)=1$

$ \begin{align} \sin(\theta) &= \pm\sqrt{1 - \cos^2(\theta)} &&= \pm\frac{\tan (\theta)}{\sqrt{1 + \tan^2 (\theta)}} &&= \cos(\theta)\cdot\tan(\theta) \\ \cos(\theta) &= \pm\sqrt{1 - \sin^2(\theta)} &&= \pm\frac{1}{\sqrt{1 + \tan^2(\theta)}} &&= \frac{\sin(\theta)}{\tan(\theta)}\\ \tan(\theta) &= \pm\frac{\sin(\theta)}{\sqrt{1 - \sin^2(\theta)}} &&= \pm\frac{\sqrt{1 - \cos^2(\theta)}}{\cos(\theta)} &&= \frac{\sin(\theta)}{\cos(\theta)} \end{align} $ Das Vorzeichen wird durch den Quadranten bestimmt, in dem θ liegt.

Kleinwinkelnäherungen

Abb.4 Kleinwinkelnäherung

In der Physik ist das fast lineare Verhalten der Sinus- und Tangens-Funktion für kleine Werte von θ um null[2] sehr nützlich, um diese Winkelfunktionen näherungsweise durch θ zu ersetzen: sin(θ) ≈ θ und tan(θ) ≈ θ. Das nennt man Kleinwinkelnäherung.

Weniger gebräuchlich ist die Kleinwinkelnäherung cos(θ) ≈ 1 für kleine Werte von θ um Null[2], da die Steigung der Kosinus-Funktion links und rechts von der Extremstelle (Maximum) schnell zunimmt. Dementsprechend klein ist das Intervall für θ, in dem die Näherung gut ist.

Wie aus Abb.3 zur Kleinwinkelnäherung ersichtlich, ist die Näherung für den Sinus über einen größeren Winkelbereich gut als für den Tangens oder gar den Kosinus. Scharfe Gültigkeitsgrenzen lassen sich für eine Näherung grundsätzlich nicht angeben. Die Anwendbarkeit einer Näherung hängt immer von der angestrebten Genauigkeit ab. Tab.2 gibt deshalb Abweichungen für vorgegeben Grenzen an, die man aus Abb.3 gut ablesen kann.

Näherung max. Abweichung von f(θ) in %
  |θ| ≤ π/32 (5,6°) |θ| ≤ π/16 (11°) |θ| ≤ π/8 (22,5°)
sin(θ) ≈ θ 0,16 0,65 2,6
tan(θ) ≈ θ 0,32 1,3 5,2
cos(θ) ≈ 1 0,48 2,0 8,2
Tab.2

Bei Differentialen dθ liefert die Kleinwinkelnäherung immer hinreichend genaue Werte, denn diese sind stets unendlich klein! Es gilt also:

$\sin(\text d\theta)=\tan(\text d\theta)=\text d\theta$ und $\cos(\text d\theta)=1$

Die genannten Näherungen ergeben sich aus den Taylor-Reihen der Funktionen durch Abbruch nach dem ersten Glied. Bricht man die Reihen erst nach dem zweiten Glied ab, so erhält man folgende Näherungen:

$\cos(\theta)\approx 1+\dfrac {\theta^2}2$  und  $\sin(\theta)\approx \theta-\dfrac {\theta^3} 6$  und  $\tan(\theta)\approx \theta+\dfrac {\theta^3}3$

Insbesondere für cos(θ) wird diese Näherung öfter verwendet, weil die Näherung cos(θ) = 1 nicht besonders gut ist.

Verständnisfrage 4: Bei der Beschreibung harmonischer Schwingungen tritt folgende Gleichung auf: $\ddot\varphi + c \cdot\sin(\varphi)=0$. Diese Gleichung ist schwierig zu lösen. Wie kann man sie vereinfachen, wenn man sich auf kleine Winkel φ beschränkt? Wäre sie dann für einen Winkel φ = 10° noch gültig?
Mit der Kleinwinkelnäherung sin(φ) ≈ φ. Das ergibt $\ddot\varphi + c\cdot \varphi=0$. Diese Gleichung ist einfach zu lösen. Sie wäre sicher noch sehr gut brauchbar für einen Winkel φ = 10°, denn die Abweichung wäre kleiner als 0,65% (siehe Tab.2).

  1. Der erste Quadrant ist das Viertel mit positiven x- und y-Werten. Die übrigen Quadranten werden gegen den Uhrzeigersinn hochgezählt. Der vierte Quadrant ist das Viertel mit positiven x- und negativen y-Werten.
  2. 2,0 2,1 oder auch für kleine Änderungen gegen Vielfache von 2π