Elektrisches Potenzial
Inhaltsverzeichnis
Physikalischer Kontext
Das elektrische Potenzial ist im Grunde das, was landläufig als elektrische Spannung bezeichnet wird. Wir alle wissen, dass eine typische Auto-Batterie eine Spannung von U = 12 V liefert oder an einer Haushalts-Steckdose eine Wechselspannung von U = 230 V anliegt. Eine Spannung U ist die Differenz zweier elektrischer Potenzialwerte $U=\phi_f-\phi_i$, so wie ein Abstand a die Differenz zweier Orte ist $a=x_f-x_i$. Aber warum führt man überhaupt so etwas wie ein elektrisches Potenzial ein? Genügt nicht einfach das elektrische Feld und die Coulomb-Kraft, um alles zu beschreiben, was mit Ladungen passiert? Die Antwort ist leicht: Auch in der Mechanik verwenden wir nicht nur die Kraft, sondern auch die sehr nützlichen Größen Energie und Arbeit. Im Gegensatz zur Kraft sind sie keine vektoriellen, sondern skalare Größen, wodurch vieles einfacher wird. Das elektrische Potenzial nimmt in der Elektrodynamik etwa die Rolle ein, die Arbeit und Energie in der Mechanik haben. Dem Umstand, dass die Coulomb-Kraft eine konservative Kraft ist, verdanken wir es, dass wir der Coulomb-Kraft eine potenzielle Energie bzw. dem elektrischen Feld eine Potenzial zuordnen können. Ladungen bewegen sich - wenn sie können - immer so, dass sich ihre potenzielle Energie minimiert. Für das Verständnis von Ladungsbewegungen und die dafür erforderliche oder die dabei freiwerdende Energie ist das Potenzial bzw. die elektrische Spannung die geeignete Größe und viel praktischer als das elektrische Feld. Ladungsbewegungen sind elektrische Ströme. Stromkreise versteht man zum Beispiel viel einfacher mit der elektrischen Spannung als mit dem elektrischen Feld.
Elektrische potenzielle Energie und elektrisches Potenzial
Wenn zwei ungleichnamige Ladungen getrennt werden, ist dazu Energie erforderlich, wir müssen an den Ladungen positive Arbeit verrichten. Denn zwischen den Ladungen wirkt ja eine anziehende innere Kraft. Beim Auseinanderziehen spannen wir das System der beiden Ladungen und stecken potenzielle Energie hinein. Wenn wir die getrennten Ladungen loslassen, bewegen sie sich aufeinander zu und wandeln die potenzielle Energie in kinetische Energie um. Ladungen, die sich bewegen, entsprechen einem elektrischen Strom. Ein gespanntes elektrisches System kann einen elektrischen Strom erzeugen, wenn wir das gespannte System "loslassen". Das geschieht zum Beispiel, wenn man einen Stromkreis schließt, an dem eine Spannung anliegt. Die Ladungen bewegen sich dann so, dass die Spannung abgebaut wird bzw. die potenzielle Energie abnimmt.
Nun ist jedoch die potenzielle Energie nicht gleich dem elektrischen Potenzial. Denn die Arbeit, die erforderlich ist, um eine Ladung +q von einer ruhenden Ladung −Q bis in eine bestimmte Entfernung zu trennen, ist nur halb so groß wie die, um zweimal die Ladung q, d.h. 2q von −Q bis in die gleiche Entfernung zu trennen. Genau wie beim elektrischen Feld, dass ja als Coulomb-Kraft pro Ladungsmenge definiert ist, entspricht das elektrische Potenzial der potenziellen Energie pro in das Potenzial gebrachter Ladungsmenge q:
Das elektrische Potenzial ist die potenzielle Energie eines Systems aus festen Ladungen Q und zusätzlich hineingebrachter Ladungen q pro zusätzlicher Ladung q: $\phi=\frac {E_{pot}}{q}$. Seine Einheit ist das Volt: \(\lbrack \phi\rbrack=\text V=\frac{\text J}{\text C}\). | (Gl.1) |
Das elektrische Potenzial hat das Formelsymbol \(\phi\) (oder manchmal auch V, was etwas unglücklich ist, da es dann sehr leicht mit seiner Einheit zu verwechseln ist). Die Einheit Volt entspricht einer Energie von 1 J pro Ladungsmenge 1 C. Genau wie beim elektrischen Feld ist Gl.1 nicht geeignet, um generell elektrische Potenziale zu berechnen. Vielemehr dient sie nach Epot aufgelöst dazu, die potenzielle Energie eines Systems von Ladungen zu berechnen, wenn ein Potenzial \(\phi\) bekannt ist!
Definition der elektrischen Spannung und des Potenzials
Bei der Definition des elektrischen Feldes sind wir so vorgegangen, dass wir zwei gleichberechtigte Ladungen, die Coulomb-Kräfte aufeinander ausüben, unterschiedliche Rollen gegeben haben: Eine der Ladungen, die beliebig geformt sein kann, erzeugt in ihrer Umgebung ein elektrisches Feld und die andere, die eine Punktladung sein muss, hat die Rolle einer beweglichen positiven Testladung bekommen. Diese Rollenverteilung behält man auch bei der Definition des elektrischen Potenzials bei: Von einer beliebigen Ladungsanordnung, die in ihrere Umgebung ein elektrisches Feld $\vec E(\vec r)$ erzeugt, kann man auch sagen, sie erzeugt in ihrer Umgebung ein elektrisches Potenzial bzw. genauer Potenzialfeld $\phi(\vec r)$. Dieses Potenzialfeld ist über ihr elektrisches Feld definiert:
Die elektrische Potenzialdifferenz U einer Ladungsanordnung mit dem elektrischen Feld $\vec E(\vec r)$ zwischen zwei Punkten i und f ist: $U=\phi_f-\phi_i=-\int\limits_i^f \vec E(\vec r)\cdot d\vec r$ | (Gl.2) |
Wie kommt es zu dieser Definition? Das lässt sich leicht über die Arbeit zeigen:
Arbeit durch eine äußere Kraft in einem elektrischen Feld
Wenn wir eine Punktladung q in einem elektrischen Feld $\vec E(\vec r)$ von einem Punkt i zu einem Punkt f verschieben, dann muss eine äußere Kraft gegen die Coulomb-Kraft arbeiten. Die Coulomb-Kraft, die das elektrische Feld auf q ausübt, ist $\vec F_C^{q,\vec E}=q \cdot \vec E$. Daher muss die äußere Kraft, die die Arbeit verrichtet, $\vec F^{q,außen}=-\vec F_C^{q,\vec E}=-q \cdot \vec E$ sein. Folglich ist die Arbeit durch die äußere Kraft $W_{if}^{außen}=-\int\limits_i^f q\cdot \vec E(\vec r)\cdot d\vec r$. Diese Arbeit entspricht aber genau der potenziellen Energie, die wir dem System aus Ladung q und felderzeugenden Ladungen zuführen, d.h. $W_{if}^{außen}=-\int\limits_i^f q\cdot \vec E(\vec r)\cdot d\vec r=E_{pot,f}-E_{pot,i}$. Wenn man durch q teilt, erhält man die potenzielle Energie pro Ladung und damit das elektrische Potenzial: $\frac{W_{if}^{außen}}q=-\int\limits_i^f \vec E(\vec r)\cdot d\vec r=\frac{E_{pot,f}}q-\frac{E_{pot,i}}q=\phi_f-\phi_i$.
Spannung, Potenzial und Nullpunkt
Wie die potenzielle Energie ist auch das Potenzial nur als Differenz definiert, also als elektrische Spannung $U=\phi_f-\phi_i$ zwischen zwei Raumpunkten i und f. Die Wahl eines Nullpunktes ist frei. Wenn man einem Punkt im Raum einen ganz bestimmten Wert für das Potenzial zuordnen möchte, d.h. einen Ausdruck für $\phi(\vec r)$ angeben möchte, dann muss der Nullpunkt des Potenzials eindeutig festgelegt sein. Zum Beispiel kann man $\phi_i = 0$ und f = r beliebig wählen und erhält dann $U=\phi_f=\phi(r)$. Für einige Potenziale ist es üblich, den Nullpunkt festzulegen, z.B. für das Potenzial einer Punktladung.
Potenzial einer Punktladung
Das Potenzial einer Punktladung erhalten wir unmittelbar aus seinem elektrischen Feld: $\vec {E}(\vec r)=\dfrac {1} {4 \pi \varepsilon_0} \cdot \dfrac {Q}{|\vec r-\vec r_Q|^{2}}\cdot \dfrac {\vec r-\vec r_Q}{|\vec r-\vec r_Q|}$. Um die Rechnung etwas zu vereinfachen, legen wir die Ladung Q in den Ursprung des Koordinatensystems, d.h. $\vec r_Q=0$ und setzen \(k=\dfrac {1} {4 \pi \varepsilon_0}\). Dann ist $U=\phi_f-\phi_i=-\int\limits_i^f \vec {E}(\vec r)\cdot d\vec r=-\int\limits_i^f k \dfrac {Q}{|\vec r|^{2}}\cdot \dfrac {\vec r}{|\vec r|}\cdot d\vec r$. Dieses Wegintegral enthält das Skalarprodukt $\vec r\cdot d\vec r=|\vec r|\cdot |d\vec r|\cdot cos(\theta)$. Wir wählen einen geraden Weg[1], der radial von der Ladung wegführt und vom Punkt i mit Ortsvektor $\vec r_i$ zum Punkt f mit Ortsvektor $\vec r_f$ zeigt (Abb.1). Dann ist θ = 0 und cos(θ) = 1 und das Integral wird zu einem einfachen skalaren Integral. Wir bezeichnen $|\vec r|=r$ und erhalten $U=\phi_f-\phi_i=-\int\limits_{r_i}^{r_f} k \dfrac {Q}{r^2} dr$. Das unbestimmte Integral $\int \frac 1{r^2} dr$ ist ein einfaches Standardintegral und ergibt $\int \frac 1{r^2} dr=- \frac 1 r +C$. Damit ergibt unser bestimmtes Integral $U=\phi_f-\phi_i=-\int\limits_{ {r_i} }^{ {r_f} } k \dfrac {Q}{r^2} dr=-k Q\left[-\frac 1 r\right]_{r_i}^{r_f}=k\dfrac Q {r_f} -k\dfrac Q {r_i}$. Vergleichen wir die linke und die rechte Seite, dann sehen wir, dass wir $\phi_f=k\dfrac Q {r_f}$ und $\phi_i=k\dfrac Q {r_i}$ gleichsetzen können. Das können wir verallgemeinern zu einem Ausdruck für einen beliebigen Abstand r von der Punktladung und erhalten damit
Das Potenzial einer Punktladung Q hat im Abstand r den Wert: $\phi(r)=k\frac Q r$ mit $k=\dfrac {1} {4 \pi \varepsilon_0}$, wenn der Nullpunkt entsprechend $\lim\limits_{r\rightarrow\infty} \phi(r)=0$ gewählt wird. | (Gl.3) |
Dieser Ausdruck für das Potenzial einer Punktladung beinhaltet, dass der Nullpunkt des Potenzials im Unendlichen liegt. Das ist die übliche Konvention für dieses Potenzial[2]. Das Potenzial einer Punktladung hat damit das gleiche Vorzeichen wie die Ladung. Positive Punktladungen haben ein positives Potenzial und negative Punktladungen haben ein negatives Potenzial. Wie schon beim elektrischen Feld müssen wir r durch den Betrag des Abstandsvektors $|\vec r-\vec r_Q|$ ersetzen, wenn die Ladung nicht im Koordinatenurprung, sondern an einem Ort $\vec r_Q$ ist. Das ergibt den allgemeinen Ausdruck für
Das Potenzial einer Punktladung Q, die sich bei $\vec r_Q$ befindet, hat am Ort $\vec r$ den Wert: $\phi(\vec r)=k\frac {Q}{|\vec r-\vec r_Q|}$ mit $k=\dfrac {1} {4 \pi \varepsilon_0}$, wenn der Nullpunkt entsprechend $\lim\limits_{r\rightarrow\infty} \phi(r)=0$ gewählt wird. | (Gl.4) |
Wenn man das Potenzial einer Punktladung in der xy-Ebene dreidimensional darstellt (siehe Animation in Potenzial als Höhenprofil), ergeben sich trichterförmige Objekte und zwar für positive Ladungen als unendlich hohe Berge (in der Animation oben abgeschnitten) und für negative als unendlich tiefe Löcher (in der Animation unten abgeschnitten). Der Betrag des Potenzials einer Punktladung wird mit zunehmendem Abstand r schnell kleiner.
Potenzialfelder
Potenziale sind ebenfalls Felder, sie beschreiben Veränderungen des Raumes um eine Ladung herum. Es sind jedoch keine vektoriellen Felder sondern skalare Felder. Jedem Punkt im Raum wird eine skalare Zahl zugeordnet. Genau wie auch bei einer Temperatur- oder Druckverteilung auf einer Wetterkarte. Potenziale kann man deshalb ähnlich wie Temperatur und Druck auf einer Wetterkarte darstellen, d.h. über Farben oder Höhenlinien. Allerdings ergibt sich die Schwierigkeit, das Potenziale dreidimensionale Felder sind. Auf Wetterkarten werden dagegen nur zweidimensionale Felder gezeigt: Temperatur und Druck als Funktion des Ortes auf der Erdoberfläche. Dreidimensionale Skalarfelder sind deutlich schwieriger darzustellen, weil allzu schnell Details veredeckt werden. Abb.2 zeigt das Potenzial einer Punktladung als dreidimensionale angeschnittene Farbverteilung wie bei der Temperatur üblich. Weil das Potenzial sehr schnell mit dem Abstand abnimmt und die Verteilung in der Nähe der Ladung(en) notgedrungen weniger transparent wird, sind solche Darstellungen nicht sehr aufschlussreich. Deshalb wählt man andere Arten.
Äquipotenzialflächen und Äquipotenziallinien
Abb.3 zeigen die dreidimensionale Darstellung des Potenzials einer Punktladung anhand von Flächen mit einem konstanten Wert des Potenzials. Die Flächen ergeben sich aus der Bedingung $\phi(x,y,z)=konst.$ und man nennt sie Äquipotenzialflächen. Äquipotenzialflächen sind die dreidimensionale Entsprechung von Höhenlinien. Solche dreidimensionalen Darstellungen von Potenzialfeldern findet man sehr selten.
Meistens stellt man Potenziale nur für eine bestimmte Ebene im Raum, z.B. für die xy-Ebene dar. Damit reduziert man das Darstellungsproblem auf ein zweidimensionales Feld. In die Ebene kann man die Werte des Potenzials als Höhenlinien einzeichnen, völlig analog zu den Höhenlinien einer Druckverteilung auf einer Wetterkarte oder den Höhenlinien von Bergen auf einer Landkarte. Dies ist die häufigste Form der Darstellung. Die Höhenlinien ergeben sich aus der Bedingung $\phi(x,y)=konst.$. Diese Art der Darstellung zeigt Abb.4. Der Nachteil dieser Darstellung ist, dass der dreidimensonale Charakter des Potenzialfeldes dadurch verloren geht. Die dreidimensionale Form der Äquipotenzialflächen lässt sich daraus nur für sehr symmetrische Ladungsverteilungen erschließen.
Potenzial als Höhenprofil
Alternativ kann man das zweidimensionale Feld auf einer bestimmten Ebene auch dreidimensional zeigen. Dabei nutzt man die dritte Raumrichtung, um den Zahlenwert des Potenzials darzustellen. Das ergibt dreidimensionale Höhenreliefs und ist im folgenden Applet für eine anfangs positive Punktladung gezeigt. Diese Art der Darstellung ist sicher anschaulicher als die Höhenlinien. Sie birgt jedoch die Gefahr, das Höhenrelief mit den Äquipotenzialflächen zu verwechseln. Und auch hierbei wird der dreidimensionale Verlauf des Potenzialfeldes im gesamten Raum nicht mehr abgebildet.
Das folgende GeoGebra-Applet zeigt das Potenzial einer Punktladung als Höhenprofil und wie daraus Äquipotenziallinien abgleitet werden.
Aufgaben zum Applet: Verstehe die Darstellungen des Potenzials einer Punktladung Q als Höhenprofil und durch Äquipotenziallinien!
Zusammenfassend kann man festhalten, dass die Darstellung von dreidimensionalen Potenzialfeldern auf verschiedene Arten möglich ist. Wichtig ist vor allem, dass man in der Lage ist, die Inhalte der Bilder und insbesondere Äquipotenziallinien und -flächen richtig zu interpretieren.
Elektrisches Feld aus seinem Potenzial bestimmen
Das Potenzial ist über sein elektrisches Feld definiert. Der Zusammenhang ist über ein Integral gegeben, genauer gesagt: über ein Wegintegral. Die Umkehrung der Integration ist die Differentiation (Ableitung). Folglich ist die Umkehrung einer Wegintegration, d.h. eines Integrals über den Ort, die Ortsableitung. Daher erhält man ein elektrisches Feld aus seinem skalaren Potenzial einfach über die Ableitung des Potenzials nach dem Ort. Völlig analog gewinnen wir ja auch eine konservative Kraft aus ihrere potenziellen Energie. Wobei wir genau wie bei der Integration in (2) noch ein negatives Vorzeichen hinzufügen müssen, damit die Richtung stimmt. Allerdings haben wir es häufig mit Funktionen im Raum zu tun, die von drei Koordinaten abhängen. Wir benötigen daher die dreidimensionale Ortsableitung, das heißt den Gradienten.
Der Gradient erzeugt aus der skalaren Funktion $\phi(x,y,z)$ die vektorielle Funktion $\vec E(x,y,z)=E_x \hat x+ E_y \hat y+ E_z \hat z$. Dabei ergibt die jeweils negative Ableitung nach x die x-Komponente Ex, die nach y ergibt Ey und die nach z ergibt Ez.
Berechne das elektrische Feld einer Punktladung, die im Koordinatenurpsrung ruht, aus seinem Potenzial! Das Potenzial $\phi(r)=k \dfrac {Q}{r}$ einer Punktladung ist mit $\vec r=x\ \hat x+y\ \hat y+z\ \hat z$ und $r=\sqrt{x^2+y^2+z^2}=(x^2+y^2+z^2)^{\frac 1 2}$ durch $\phi(x,y,z)=k \dfrac {Q}{(x^2+y^2+z^2)^{\frac 1 2}}$ gegeben.
Weil $\dfrac {1}{(x^2+y^2+z^2)^{\frac 1 2}}=(x^2+y^2+z^2)^{-\frac 1 2}$ ist, ergibt die Ableitung mit der Kettenregel $\frac{d}{d x} (x^2+y^2+z^2)^{-\frac 1 2}= 2x\cdot (-\frac 1 2 \cdot(x^2+y^2+z^2)^{-\frac 3 2}=-x (x^2+y^2+z^2)^{-\frac 3 2}$. Analog erhält man für die anderen Koordinaten $\frac{d}{d y} (x^2+y^2+z^2)^{-\frac 1 2}= -y (x^2+y^2+z^2)^{-\frac 3 2}$S und $\frac{d}{d z} (x^2+y^2+z^2)^{-\frac 1 2}= -z (x^2+y^2+z^2)^{-\frac 3 2}$.
Somit ist der negative Gradient des Potenzials $-\nabla\phi=-\frac{d\phi}{d x}\ \hat x+-\frac{d\phi}{d y}\ \hat y-\frac{d\phi}{d z}\ \hat z=k Q \left(x\cdot (x^2+y^2+z^2)^{-\frac 3 2}\hat x+ y\cdot (x^2+y^2+z^2)^{-\frac 3 2}\hat y+ z\cdot (x^2+y^2+z^2)^{-\frac 3 2}\hat z\right)=\dfrac{k Q} {(x^2+y^2+z^2)^{\frac 3 2}}\left(x\ \hat x+ y\ \hat y+ z\ \hat z\right)$.
Spannung und potenzielle Energie in einem Potenzial
Wenn sich eine Punktladung q in einem Potenzial befindet, dann gilt für die potenzielle Energie des Systems, das aus der potenzialerzeugenden Ladungsverteilung und der Punktladung besteht:
Die potenzielle Energie eines Systems, in welchem sich eine Punktladung q am Ort $\vec r$ in einem Potenzial $\phi(\vec r)$ befindet, beträgt: $E_{pot}= q \cdot \phi(\vec r)$ | (Gl.6) |
Sehr häufig verwendet man den Sprachgebrauch "potenzielle Energie von q", obwohl genaugenommen die potenzielle Energie nicht q allein, sondern dem gesamten System zugeordnet werden muss. Denn eine Punktladung q allein kann man nicht spannen.
Einer Punktladung oder Ladungsverteilung allein kann also ein Potenzial(feld) zugeordnet werden, ebenso wie man ihm ein elektrisches Feld zuordenen kann. Zur potenziellen Energie braucht man jedoch immer noch eine zweite Ladung q, genau wie zur Coulomb-Kraft. Das Potenzial(feld) hängt nur von der Ladungsverteilung ab, die es bzw. das zugehörige elektrische Feld erzeugt. Die potenzielle Energie hängt dagegen zusätzlich davon ab, wo man welche Ladungsmenge q in das Potenzial hineinbringt.
Wenn man eine Ladung q in einem Potenzial von einem Punkt i zu einem Punkt f verschiebt, kann sich die potenzielle Energie ändern. Die Änderung wird durch die Spannung zwischen i und f sowie vom Wert von q bestimmt:
Die Änderung der potenziellen Energie eines Systems, in welchem sich eine Punktladung q in einem Potenzial vom Ort $\vec r_i$ zu einem Ort $\vec r_f$ bewegt, ist: $\Delta E_{pot}= q \cdot U$ mit $U=\phi(\vec r_f)-\phi(\vec r_i)$ | (Gl.7) |
Das bedeutet, die potenzielle Energie ändert sich nicht, wenn i und f auf der gleichen Äquipotenziallinie bzw. -fläche liegen, denn dann ist die Spannung U = 0. Sie nimmt ab, wenn die Ladung sich freiwillig von i nach f bewegen würde. Sie nimmt zu, wenn die Ladung sich nicht freiwillig von i nach f bewegen würde, sondern eine äußere Kraft erforderlich wäre.
Änderung der potenziellen Energie und Arbeit durch das elektrische Feld
Wenn die potenzielle Energie abnimmt, d.h. die Bewegung freiwillig ist, ist die Arbeit durch das elektrische Feld, d.h. durch die Coulomb-Kraft, zwangsläufig positiv. Denn die Kraft, welche die freiwillige Bewegung bewirkt, zeigt ja stets in die Richtung, in die die potenzielle Energie kleiner wird. Wenn sich die Ladung auch dahin bewegt, sind Kraft und Weg gleichgerichtet, ergo ist die Arbeit positiv. Umgekehrt nimmt die potenzielle Energie zu, wenn die Ladung sich nicht freiwillig von i nach f bewegen würde. Denn dann zeigt die Coulomb-Kraft gegen die Bewegungsrichtung und ihre Arbeit wäre negativ. Wir halten fest:
Verständniserkenntnis
Die Änderung der potenziellen Energie und die Arbeit durch das elektrische Feld haben stets entgegengesetzte Vorzeichen!
Der Weg von i nach f ist dafür egal, denn die Spannung $U=\phi_f-\phi_i$ zwischen i nach f ist unabhängig davon, auf welchem Weg man von i nach f läuft.
Abb.B2 zeigt drei Ladungen, die in einer Ebene angeordnet sind. Die Ladungen +Q und −Q erzeugen das Potenzial, in dem die Ladung −q vom Punkt i zum Punkt f verschoben wird. Wir suchen das Vorzeichen der Spannung, das Vorzeichen der Arbeit durch das elektrische Feld sowie das Vorzeichen der Änderung der potenziellen Energie.
Welche Rolle spielt der Weg, auf dem von i nach f geschoben wird? Hier wird auf einem Kreisbogen um −Q verschoben. Tatsächlich ist jedoch der Weg von i nach f für die Analyse egal, denn die Coulomb-Kraft ist konservativ und daher ist die Arbeit durch das elektrische Feld unabhängig vom Weg.
Welches Vorzeichen hat die Spannung U zwischen Punkt i und f? Punkt f hat den gleichen Abstand von −Q wie Punkt i, ist jedoch näher an +Q. Positive Ladungen haben ein positives Potenzial, negative ein negatives. Von i nach f geht es also bergauf. Daher muss das Potenzial bei f höher liegen als bei i und die Spannung muss positiv sein: $U=\phi_f-\phi_i >0$.
Das folgende GeoGebra-Applet zeigt das Potenzial zweier Punktladungen als Höhenprofil. Darin können zwei Punkte i und f sowie eine Ladung q auf dem Weg von i nach f verschoben werden.
Aufgaben zum Applet: Verstehe die Zusammenhänge zwischen Potenzial, Spannung und potenzieller Energie!
Superposition von Potenzialen
Für elektrische Potenziale gilt genau wie für elektrische Felder das Superpositionsprinzip. Das bedeutet, wir dürfen elektrische Potenzialwerte und elektrische Potenziale einfach addieren. Das ergibt sich ohne große Mühe aus (2) oder (5). Denn wenn z.B. $\vec E=\vec E_1+\vec E_2$ ist, dann ergibt sich aus (5) und der Summenregel für Ableitungen $\vec E=-\nabla \phi=\vec E_1+\vec E_2=-\nabla \phi_1+(-\nabla \phi_2)=-\nabla (\phi_1+\phi_2)$. Daher ist $\phi=\phi_1+\phi_2$. Völlig analog lässt sich das auch mit (2) zeigen und natürlich auf eine beliebige Anzahl von Punktladungen erweitern. {Formel|Nr=8|Text=Das Potenzial von n Punktladungen ist: $\phi(\vec r)=\sum\limits_{i=1}^{n} k\dfrac {Q_i} {|\vec r-\vec r_{Q_i}|}$ mit $k=\dfrac {1} {4 \pi \varepsilon_0}$.}} Da das Potenzial ein Skalar(feld) ist, handelt es sich um eine einfache Summe. Die Summe von Skalaren ist einfacher zu berechnen als die Summe von Vektoren. Deshalb ist es eine wichtige Methode zur Berechnung elektrischer Felder, zuerst das Potenzial einer Ladungsverteilung zu bestimmen. Daraus wird anschließend das elektrische Feld nach (5) durch die Ortsableitung bzw. dem Gradienten berechnet.
Bestimme das Potenzial eines elektrischen Dipols für große Abstände. Der Dipol besteht aus zwei entgegengesetzt gleichen Ladungen q im Abstand d und liegt mittig auf der z-Achse.
Den Ortsvektor von +q nennen wir $\vec r_{q+}=\frac d2\ \hat z$, den von −q nennen wir $\vec r_{q-}=-\frac d2\ \hat z$. Die Abstandsvektoren kürzen wir mit $\vec r_{+}=\vec r-\vec r_{q+}$ und $\vec r_{-}=\vec r-\vec r_{q-}$ ab. Das Potenzial ist die Summe der Potenziale der beiden einzelnen Ladungen, d.h. $\phi(\vec r)=k\frac {q} {r_{+}}+k\frac{(-q)}{r_{-}}=k q\left(\frac 1{r_{+}}-\frac 1{r_{-}}\right)=k q\left(\dfrac {r_{-}-r_{+}}{r_{+}\cdot r_{-}}\right)$.
Diesen exakten Ausdruck können wir in der Näherung $r \gg d$ vereinfachen, denn dann gilt näherungsweise $r_{-}-r_{+}\approx d\cdot\cos(\theta)$ (siehe Abb.6b) und $r_{+}\cdot r_{-}\approx r^2$. Darin ist θ der Winkel zwischen $\vec r$ und der z-Achse.
Einsetzen der Näherung ergibt $\phi(\vec r)=k q\left(\dfrac {d\cdot\cos(\theta)}{r^2}\right)$. Einen elektrischen Dipol beschreibt man üblicherweise mit Hilfe seines elektrischen Dipolmomentes $\vec p$. Für unseren einfachen Dipol ist das Dipolmoment $\vec p=q\cdot\vec d$, d.h. das Produkt aus dem Betrag der Ladung q und dem Abstandsvektor $\vec d=\vec r_{q+}-\vec r_{q-}$ der beiden Ladungen. Wir können das Dipolmoment $\vec p$ in unseren Ausdruck für das Potenzial einbringen, indem wir ihn mit r erweitern:
Für eine große, nicht mehr abzählbare Menge von Punktladungen wird die Summe in Gl.8 zum Integral. Die Punktladung $Q_i$ wird dann zu einem infinitesimalen differentiellen Ladungselement dq und der Ort von dq ist $\vec r_q$:
Das Potenzial einer kontinuierlichen Ladungsverteilung hat am Ort $\vec r$ den Wert: $\phi(\vec r)=\int\limits_Q k\frac {1} {|\vec r-\vec r_q|} dq$ mit $k=\dfrac {1} {4 \pi \varepsilon_0}$ . Q symbolisiert die Integration über die gesamte Ladungsverteilung. | (Gl.9) |
Bei Gl.9 stellt sich dann noch die Frage, wie man denn über Ladungen integriert? Dazu führt man verschiedene Ladungsdichten ein:
- Raumladungsdichte = Ladung/Volumen: $\rho(\vec r)$ mit $[\rho]=\frac{\text C}{\text m^3}$
- Flächenladungsdichte = Ladung/Fläche: $\sigma(\vec r)$ mit $[\sigma]=\frac{\text C}{\text m^2}$
- Linienladungsdichte = Ladung/Länge: $\lambda(\vec r)$ mit $[\lambda]=\frac{\text C}{\text m}$
Mit Hilfe dieser Ladungsdichten kann man nun die Ladungselemente dq folgendermaßen ausdrücken:
- Für eine Raumladungsdichte ist $dq=\rho\cdot dV$ mit einem Volumenelement dV,
- Für eine Flächenladungsdichte ist $dq=\sigma\cdot dA$ mit einem Flächenelement dA,
- Für eine Linienladungsdichte ist $dq=\lambda\cdot dL$ mit einem Linienelement dL.
Damit führt man die Intergration auf Volumen-, Flächen- oder Linienintegrale zurück.
Eine Ladungsverteilung ist als Raumladungsdichte $\rho(\vec r)$ gegeben. Wie lautet Gl.9 dann?
Eine Ladungsverteilung ist als Flächenladungsdichte $\sigma(x,y)$ auf einer rechteckigen Platte mit den Kantenlängen a in x-Richtung und b in y-Richtung gegeben. Wie lautet Gl.9 dann?
Ein Ring mit dem Radius R liegt mittig in der xy-Ebene und trägt die positive, gleichmäßig verteilte Gesamtladung Q. Welchen Werte hat das Potenzial für Punkte auf der z-Achse? Welche Werte hat das elektrische Feld für Punkte auf der z-Achse?
Für die Aufgabe bieten sich Zylinderkoordinaten an. Die Ladung ist gleichmäßig verteilt und der Ring hat die Länge $L=2\pi R$. Er trägt daher die konstante Linienladungsdichte $\lambda_0=\frac{Q}{2\pi R}$. Dann ist $\vec r=z\ \hat z$ und $\vec r_q=R \cos(\varphi)\ \hat x+R \sin(\varphi)\ \hat y$ und $|\vec r_q|=R$. Aus Abb.7 kann man ablesen, dass damit nach Pythagoras stets $|\vec r-\vec r_q|=\sqrt{z^2+R^2}$ ist. Wir ersetzen in (9) das Differential dq durch $dq=\lambda_0 \cdot dL$. Das Linienelement ist in Polarkoordinaten $dL = R\cdot d\varphi$. Alles eingesetzt in Gl.9 ergibt $\phi(z)=\int\limits_0^{2\pi} k\dfrac {\lambda_0\cdot R} {\sqrt{z^2+R^2}} d\varphi$. Die Lösung des Integrals ist einfach, denn der Integrand hängt nicht von $\varphi$ ab. Daher ist es $\phi(z)= k\dfrac {\lambda_0\cdot R} {\sqrt{z^2+R^2}} \int\limits_0^{2\pi}d\varphi=k\dfrac {2\pi\lambda_0\cdot R} {\sqrt{z^2+R^2}}=k\dfrac {Q} {\sqrt{z^2+R^2}}$.
Das Erdpotenzial
Elektrische Geräte, die mit Netzspannung betrieben werden, müssen aus Sicherheitsgründen geerdet sein. Das bedeutet, Metallteile, die berührt werden können, müssen leitend mit dem Erdboden verbunden sein und auf dessen Potenzial liegen. Aber auf welchem Potenzial liegt eigentlich der Erdboden? Die intuitive Antwort "Null Volt"" ist nicht die ganze Wahrheit. Denn tatsächlich dürfen wir den Nullpunkt eines Potenzials ja beliebig festlegen. Ein überraschendes Ergebnis erhält man, wenn man den Nullpunkt des Erdpotenzials wie bei einer Punktladung wählt, d.h. im Unendlichen. Für eine Kugel, wie es die Erde ja in guter Näherung ist, gelten die gleichen Formeln für das elektrische Potenzial und das elektrisches Feld wie für eine Punktladung (siehe Satz von Gauß). Messungen zeigen, dass überall auf der Erdoberfläche ein mittleres elektrisches Feld von ca. 120 V/m vorhanden ist, das zum Erdmittelpunkt zeigt. Die Erde ist also nicht elektrisch neutral, sondern negativ geladen. Aus der Feldstärke kann man unmittelbar das Potenzial des Erdbodens ausrechnen, denn für eine Kugel ist $\phi(r)=E(r)\cdot r$. Mit dem Erdradius RE = 6400 km ergibt das den erstaulichen Wert von ca. $\phi_{Erde}=120\frac{\text V}{\text m}\times 6400\times 10^3 \text m = 7,7 \text{ MV}$ (Megavolt!). Und außerdem bedeutet das, dass zwischen unseren Füßen und unseren Haaren eine elektrische Spannung herrscht. Bei einer Größe von h = 1,75 m hat sie immerhin die Größenordnung von $U=E\cdot h=120\frac{\text V}{\text m}\times 1,75\text{ m}=210\text{ V}$. Da können einem durchaus mal die Haare zu Berge stehen! Das Potenzial und das elektrische Feld der Erde sind nicht nur die Ursache für Gewitterblitze, sondern werden auch durch diese aufrechterhalten. Ein hochspannendes Thema!
- ↑ Weil eine Potenzial existiert, bzw. weil die Coulomb-Kraft konservativ ist, dürfen wir den Weg beliebig wählen, denn das Ergebnis des Integrals ist dann unabhängig vom Weg.
- ↑ Theoretisch könnten wir auch $\phi(r)=k\frac Q r + C$ wählen, mit einem beliebigen konstanten Potenzial C. Bei jeder Differenz würde die Konstante wegfallen und das Potenzial ist ja nur als Differenz definiert.